Läufer, Springer und König gegen König
Verfügt ein Spieler noch über einen Springer, einen Läufer und einen König, während sein Gegner nur noch seinen König besitzt, kann jener diesen aus jeder beliebigen Stellung heraus, die kein Patt ist, und in der keine der Figuren geschlagen werden kann, - entgegen der unter Anfängern recht weit verbreiteten Ansicht, dies sei nicht möglich - innerhalb von 35 Zügen mattsetzen.
Dieses Endspiel zu erlernen, erfordert eine andere Herangehensweise als die anderen Endspiele, da hier mit Läufer und Springer zwei Figuren am Werke sind, deren Gangarten beziehungsweise deren Wirkungsweisen nur schwer miteinander kombiniert werden können. Daher ist es einfacher, mit der Schlussstellung anzufangen.
Dies ist eine mögliche Endstellung dieses Endspiels. Wichtig ist es, zu wissen, dass das Matt immer nur in einem Eckfeld mit der Farbe des Läufers erzielt werden kann, also bei einem weißfeldrigen Läufer ausschließlich auf den Feldern h1 und a8, bei einem schwarzfeldrigen Läufer immer nur auf den Feldern a1 und h8. Aus diesem Grund wird der verteidigende Spieler mit seinem König, wenn dieser aus dem Zentrum vertrieben wird, niemals freiwillig in die richtige, sondern stets in die falsche Ecke laufen.
Wie man den König nun von der falschen in die richtige Ecke zwingt, wird im folgenden beschrieben. Ausgangsstellung hierfür sei die folgende:
Dies ist eine typische Stellung dieses Endspiels, der schwarze König ist zunächst in die falsche Ecke gelaufen, von der es ihn nun in die richtige Ecke zu treiben gilt. Der letzte weiße Zug war Lh7, um Kb8 zu verhindern.
Die nächsten Züge der weißen Figuren verlaufen ganz schematisch:
- Der Springer hat den festen Weg f7-e5-d7-c5-b7; wegen der Form dieses Weges, den der Springer abschreitet, wird das Ganze als W-System bezeichnet.
- Der Läufer verhindert die Flucht des schwarzen Königs über einige weiße Felder und ist für notwendige Tempozüge verantwortlich.
- Der König wandert einfach immer nach links bis zum Feld b6.
Diese drei Einzelwege sehen kombiniert wiefolgt aus:
1... Ke8 2.Se5
- 2... Kf8 3.Sd7+ Ke8 4.Ke6 Kd8 5.Kd6 Ke8 (5... Kc8 6.Sc5 Kd8 7.Lg6 Kc8 8.Lf7 mit Übergang in die übergeordnete Variante) 6.Lg6+ Kd8 7.Sc5 Kc8 8.Lf7 Kd8 9.Sb7+ Kc8 10.Kc6 Kb8 11.Kb6 Kc8 12.Le6+ Kb8 13.Sc5 Ka8 14.Ld7 Kb8 15.Sa6+ Ka8 16.Lc6++
- 2... Kd8 3.Ke6 Kc7 4.Sd7 Kc6 5.Ld3 Kc7 6.Le4 Kd8 7.Kd6 Ke8 8.Ld5 Kd8 9.Lf7 Kc8 10.Sc5 Kd8 11.Sb7+ Kc8 12.Kc6 Kb8 13.Kb6 Kc8 14.Le6+ Kb8 15.Sc5 Ka8 16.Ld7 Kb8 17.Sa6+ Ka8 18.Lc6++
Neben dem W-System gibt es eine andere sehr praktische Methode, den gegnerischen König einzusperren. Diese sieht so aus, dass der Springer auf dem Zentrumsfeld steht, dass der Ecke, in der der gegnerische König mattgesetzt werden soll, am nächsten ist (Sd4, wenn der König auf a1 mattgesetzt werden soll; Se4 für h1; Se5 für h8; Sd5 für a8), während der Läufer zwei Felder vom Springer entfernt steht, und zwar in die Richtungen, die zur Mattecke führen (also Lb4 oder d2 bei Sd4; Le2/g4 bei Sd4; Lg5/e7 bei Se5; Ld7/b5 bei Sd5). Wo der eigene König steht, ist - und das ist das Praktische an dieser Methode - völlig egal. Dies sieht man, wenn man sich eine der genannten Stellungen mal anschaut:
Der Springer und der Läufer bilden eine lückenlose Barriere (f1-f2-f3-g3-g4-g5-h5, dargestellt durch schwarze Bauern), die vom schwarzen König nicht durchbrochen werden kann. Im weiteren Verlauf nähert sich der eigene König von der Seite, auf der der Läufer nicht steht, und drängt den gegnerischen König immer weiter in die Ecke. Doch auch hierbei gilt es noch eine kleine Schwierigkeit zu überwinden, der Vollständigkeit halber sei hier aber auch der leichtere Teil aufgeführt.
1.Kg6 Kh3 2.Kh5 Kh2 (2... Kg2 beschleunigt die Mattführund um einen Zug, nach 2... Kh2 benötigt Weiß noch einen Tempozug, um Schwarz in Zugzwang zu bringen.) 3.Kh4 Kg2 4.Kg4 (erwähnter Tempozug!) 4... Kh2 5.Lf1! (Dies nimmt dem schwarzen König das Feld g2 - Schwierigkeit überwunden!) 5... Kg1 6.Lh3 Kh2 7.Kh4 Kg1 8.Kg3 Kh1 9.Sd2 Kg1 10.Sf3+ Kh1 11.Lg2++
Es ist nicht möglich, in diesem Endspiel selbst zu entscheiden, ob das W-System oder Letzteres zur Anwendung kommt. Dies ist immer abhängig davon, was der andere zieht. Daher ist es wichtig, beide Methoden zu kennen; denn wenn man nur eine der beiden kennt, und die Züge des Gegners passen nicht so recht zu dieser beziehungsweise erlauben nur die Anwendung der anderen Methode, kann es sehr schnell passieren, dass man in Konflikt mit der 50-Züge-Remisregel gerät.
Wie man den gegnerischen König, der anfangs dieses Endspiels ja nur in den seltensten Fällen schon am Rand steht, an selbigen drängt, ist unnötig, anhand von Beispielpartien zu beschreiben. Vielmehr braucht man hierfür nicht viel mehr als die Kenntnis der Opposition und das Wissen, dass die Opposition der Könige mit dazwischengestelltem Läufer den gegnerischen König eine Reihe/Linie näher an den Rand bringt.